Eich, Günter: Gegenwart
Gegenwart (German)An verschiedenen Tagen gesehen, die Pappeln der Leopoldstraße, aber immer herbstlich, immer Gespinste nebliger Sonne oder von Regengewebe.
Wo bist du, wenn du neben mir gehst!
Immer Gespinste aus entrückten Zeiten, Zuvor und zukünftig: Das Wohnen in Höhlen, die ewige troglodytische Zeit, der bittere Geschmack vor den Säulen Heliogabals und den Hotels von St. Moritz. Die grauen Höhlen, Baracken, wo das Glück beginnt, dieses graue Glück.
Der Druck deines Armes, der mir antwortet, der Archipelag, die Inselkette, zuletzt Sandbänke, nur noch erahnbare Reste aus der Süße der Vereinigung. (Aber du bist von meinem Blute, über diesen Steinen, neben den Gartensträuchern, ausruhenden alten Männern auf der Anlagenbank und dem Rauschen der Straßenbahnlinie sechs, Anemone, gegenwärtig mit der Macht des Wassers im Aug und der Feuchtigkeit der Lippe-)
Und immer Gespinste, die uns einspinnen, Aufhebung der Gegenwart, ungültige Liebe, der Beweis, daß wir zufällig sind, geringes Laub an Pappelbäumen und einberechnet von der Stadtverwaltung, Herbst in den Rinnsteinen und die beantworteten Fragen des Glücks.
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