Schiller, Friedrich: Die Braut von Messina. Ein Trauerspiel mit Chören.
Die Braut von Messina. Ein Trauerspiel mit Chören. (German)Personen.
Donna Isabella, Fürstin von Messina. Don Manuel und Don Cesar, ihre Söhne. Beatrice. Diego. Boten. Chor, bestehend aus dem Gefolge der Brüder. Die Ältesten von Messina, reden nicht. Über den Gebrauch des Chors in der Tragödie ******************** Erster Auftritt Die Scene ist eine geräumige Säulenhalle, auf beiden Seiten sind Eingänge, eine große Flügelthüre in der Tiefe führt zu einer Kapelle. Donna Isabella in tiefer Trauer, die Ältesten von Messina stehen um sie her. Isabella. Der Noth gehorchend, nicht dem eignen Trieb, Tret' ich, ihr greisen Häupter dieser Stadt, Heraus zu euch aus den verschwiegenen Gemächern meines Frauensaals, das Antlitz Vor euren Männerblicken zu entschleiern. Denn es geziemt der Wittwe, die den Gatten Verloren, ihres Lebens Licht und Ruhm, Die schwarz umflorte Nachtgestalt dem Aug Der Welt in stillen Mauern zu verbergen; Doch unerbittlich allgewaltig treibt Des Augenblicks Gebieterstimme mich An das entwohnte Licht der Welt hervor. Nicht zweimal hat der Mond die Lichtgestalt Erneut, seit ich den fürstlichen Gemahl Zu seiner letzten Ruhestätte trug, Der mächtigwaltend dieser Stadt gebot, Mit starkem Arme gegen eine Welt Euch schützend, die euch feindlich rings umlagert. Er selber ist dahin, doch lebt sein Geist In einem tapfern Heldenpaare fort Glorreicher Söhne, dieses Landes Stolz. Ihr habt sie unter euch in freud'ger Kraft Aufwachsen sehen, doch mit ihnen wuchs Aus unbekannt verhängnißvollem Samen Auch ein unsel'ger Bruderhaß empor, Der Kindheit frohe Einigkeit zerreißend, Und reifte furchtbar mit dem Ernst der Jahre. Nie hab' ich ihrer Eintracht mich erfreut; An diesen Brüsten nährt' ich beide gleich, Gleich unter sie vertheil' ich Lieb' und Sorge, Und beide weiß ich kindlich mir geneigt. In diesem einz'gen Triebe sind sie Eins, In allem Andern trennt sie blut'ger Streit. Zwar, weil der Vater noch gefürchtet herrschte, Hielt er durch gleiche Strenge furchtbare Gerechtigkeit die Heftigbrausenden im Zügel, Und unter eines Joches Eisenschwere Bog er vereinend ihren starren Sinn. Nicht waffentragend durften sie sich nahn, Nicht in denselben Mauern übernachten. So hemmt' er zwar mit strengem Machtgebot Den rohen Ausbruch ihres wilden Triebs; Doch ungebessert in der tiefen Brust Ließ er den Haß--der Starke achtet es Gering, die leise Quelle zu verstopfen, Weil er dem Strome mächtig wehren kann. Was kommen mußte, kam. Als er die Augen Im Tode schloß und seine starke Hand Sie nicht mehr bändigt, bricht der alte Groll Gleichwie des Feuers eingepreßte Gluth, Zur offnen Flamme sich entzündend, los. Ich sag' euch, was ihr Alle selbst bezeugt: Messina theilte sich, die Bruderfehde Löst' alle heil'gen Bande der Natur, Dem allgemeinen Streit die Losung gebend, Schwert traf auf Schwert, zum Schlachtfeld ward die Stadt. Ja, diese Hallen selbst bespritzte Blut. Des Staates Bande sahet ihr zerreißen, Doch mir zerriß im Innersten das Herz-- Ihr fühltet nur das öffentliche Leiden Und fragtet wenig nach der Mutter Schmerz. Ihr kamt zu mir und spracht dies harte Wort: "Du siehst, daß deiner Söhne Bruderzwist "Die Stadt empört in bürgerlichem Streit, "Die, von dem bösen Nachbarn rings umgarnt, "Durch Eintracht nur dem Feinde widersteht. "--Du bist die Mutter! Wohl, so siehe zu, "Wie du der Söhne blut'gen Hader stillst. "Was kümmert uns, die Friedlichen, der Zank "Der Herrscher? Sollen wir zu Grunde gehn, "Weil deine Söhne wüthend sich befehden? "Wir wollen uns selbst rathen ohne sie "Und einem andern Herrn uns übergeben, "Der unser Bestes will und schaffen kann!" So spracht ihr rauhen Männer, mitleidlos Für euch nur sorgend und für eure Stadt, Und wälztet noch die öffentliche Noth Auf dieses Herz, das von der Mutter Angst Und Sorgen schwer genug belastet war. Ich unternahm das nicht zu Hoffende, Ich warf mit dem zerrißnen Mutterherzen Mich zwischen die Ergrimmten, Frieden rufend-- Unabgeschreckt, geschäftig, unermüdlich Beschickt' ich sie, den Einen um den Andern, Bis ich erhielt durch mütterliches Flehn, Das sie's zufrieden sind, in dieser Stadt Messina, in dem väterlichen Schloß Unfeindlich sich von Angesicht zu sehn, Was nie geschah, seitdem der Fürst verschied. Dies ist der Tag! Des Boten harr' ich stündlich, Der mir die Kunde bringt von ihrem Anzug. --Seid denn bereit, die Herrscher zu empfangen Mit Ehrfurcht, wie's dem Unterthanen ziemt. Nur eure Pflicht zu leisten seid bedacht, Für's Andre laßt uns Andere gewähren. Verderblich diesem Land und ihnen selbst Verderbenbringend war der Söhne Streit; Versöhnt, vereinigt, sind sie mächtig gnug, Euch zu beschützen gegen eine Welt Und Recht sich zu verschaffen--gegen euch! (Die Ältesten entfernen sich schweigend, die Hand auf der Brust. Sie winkt einem alten Diener, der zurückbleibt.) |
The Bride of Messina and On the Use of the Chorus in Tragedy (English)DRAMATIS PERSONAE. ISABELLA, Princess of Messina. DON MANUEL | her Sons. DON CAESAR | BEATRICE. DIEGO, an ancient Servant. MESSENGERS. THE ELDERS OF MESSINA, mute. THE CHORUS, consisting of the Followers of the two Princes. ************************* SCENE I. A spacious hall, supported on columns, with entrances on both sides; at the back of the stage a large folding-door leading to a chapel. DONNA ISABELLA in mourning; the ELDERS OF MESSINA. ISABELLA. Forth from my silent chamber's deep recesses, Gray Fathers of the State, unwillingly I come; and, shrinking from your gaze, uplift The veil that shades my widowed brows: the light And glory of my days is fled forever! And best in solitude and kindred gloom To hide these sable weeds, this grief-worn frame, Beseems the mourner's heart. A mighty voice Inexorable--duty's stern command, Calls me to light again. Not twice the moon Has filled her orb since to the tomb ye bore My princely spouse, your city's lord, whose arm Against a world of envious foes around Hurled fierce defiance! Still his spirit lives In his heroic sons, their country's pride: Ye marked how sweetly from their childhood's bloom They grew in joyous promise to the years Of manhood's strength; yet in their secret hearts, From some mysterious root accursed, upsprung Unmitigable, deadly hate, that spurned All kindred ties, all youthful, fond affections, Still ripening with their thoughtful age; not mine The sweet accord of family bliss; though each Awoke a mother's rapture; each alike Smiled at my nourishing breast! for me alone Yet lives one mutual thought, of children's love; In these tempestuous souls discovered else By mortal strife and thirst of fierce revenge. While yet their father reigned, his stern control Tamed their hot spirits, and with iron yoke To awful justice bowed their stubborn will: Obedient to his voice, to outward seeming They calmed their wrathful mood, nor in array Ere met, of hostile arms; yet unappeased Sat brooding malice in their bosoms' depths; They little reek of hidden springs whose power Can quell the torrent's fury: scarce their sire In death had closed his eyes, when, as the spark That long in smouldering embers sullen lay, Shoots forth a towering flame; so unconfined Burst the wild storm of brothers' hate triumphant O'er nature's holiest bands. Ye saw, my friends, Your country's bleeding wounds, when princely strife Woke discord's maddening fires, and ranged her sons In mutual deadly conflict; all around Was heard the clash of arms, the din of carnage, And e'en these halls were stained with kindred gore. Torn was the state with civil rage, this heart With pangs that mothers feel; alas, unmindful Of aught but public woes, and pitiless You sought my widow's chamber--there with taunts And fierce reproaches for your country's ills From that polluted spring of brother's hate Derived, invoked a parent's warning voice, And threatening told of people's discontent And princes' crimes! "Ill-fated land! now wasted By thy unnatural sons, ere long the prey Of foeman's sword! Oh, haste," you cried, "and end This strife! bring peace again, or soon Messina Shall bow to other lords." Your stern decree Prevailed; this heart, with all a mother's anguish O'erlabored, owned the weight of public cares. I flew, and at my children's feet, distracted, A suppliant lay; till to my prayers and tears The voice of nature answered in their breasts! Here in the palace of their sires, unarmed, In peaceful guise Messina shall behold The long inveterate foes; this is the day! E'en now I wait the messenger that brings The tidings of my sons' approach: be ready To give your princes joyful welcome home With reverence such as vassals may beseem. Bethink ye to fulfil your subject duties, And leave to better wisdom weightier cares. Dire was their strife to them, and to the State Fruitful of ills; yet, in this happy bond Of peace united, know that they are mighty To stand against a world in arms, nor less Enforce their sovereign will against yourselves. The ELDERS retire in silence; she beckons to an old attendant, who remains. |