Bachmann, Ingeborg: Keine Delikatessen
Keine Delikatessen (German)Nichts mehr gefällt mir.
Soll ich eine Metapher ausstaffieren mit einer Mandelblüte? Die Syntax kreuzigen auf einen Lichteffekt? Wer wird sich den Schädel zerbrechen über so überflüssige Dinge -
Ich habe ein Einsehen gelernt mit den Worten, die da sind (für die unterste Klasse)
Hunger Schande Tränen und Finsternis
Mit dem ungereinigten Schluchzen, mit der Verzweiflung (und ich verzweifle noch vor Verzweiflung) über das viele Elend, den Krankenstand, die Lebenskosten, werde ich auskommen.
Ich vernachlässige nicht die Schrift, sondern mich. Die anderen wissen sich weißgott mit den Worten zu helfen. Ich bin nicht mein Assistent.
Soll ich einen Gedanken gefangennehmen, abführen in eine erleuchtete Satzzelle? Aug und Ohr verköstigen mit Worthappen erster Güte? erforschen die Libido eines Vokals, ermitteln die Liebhaberwerte unserer Konsonanten?
Muß ich mit dem verhagelten Kopf, mit dem Schreibkrampf in dieser Hand, unter dreihundertnächtigem Druck einreißen das Papier, wegfegen die angezettelten Wortopern, vernichtend so: ich du und er sie es
wir ihr?
(Soll doch. Sollen die andern.)
Mein Teil, es soll verloren gehen.
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