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Bachmann, Ingeborg: Keine Delikatessen

Portre of Bachmann, Ingeborg

Keine Delikatessen (German)

Nichts mehr gefällt mir.

 

Soll ich

eine Metapher ausstaffieren

mit einer Mandelblüte?

Die Syntax kreuzigen

auf einen Lichteffekt?

Wer wird sich den Schädel zerbrechen

über so überflüssige Dinge -

 

Ich habe ein Einsehen gelernt

mit den Worten,

die da sind

(für die unterste Klasse)

 

Hunger                       

          Schande           

                      Tränen  

und                             

                                 Finsternis

 

Mit dem ungereinigten Schluchzen,

mit der Verzweiflung

(und ich verzweifle noch vor Verzweiflung)

über das viele Elend,

den Krankenstand, die Lebenskosten,

werde ich auskommen.

 

Ich vernachlässige nicht die Schrift,

sondern mich.

Die anderen wissen sich

weißgott

mit den Worten zu helfen.

Ich bin nicht mein Assistent.

 

Soll ich

einen Gedanken gefangennehmen,

abführen in eine erleuchtete Satzzelle?

Aug und Ohr verköstigen

mit Worthappen erster Güte?

erforschen die Libido eines Vokals,

ermitteln die Liebhaberwerte unserer Konsonanten?

 

Muß ich

mit dem verhagelten Kopf,

mit dem Schreibkrampf in dieser Hand,

unter dreihundertnächtigem Druck

einreißen das Papier,

wegfegen die angezettelten Wortopern,

vernichtend so: ich du und er sie es

 

wir ihr?

 

(Soll doch. Sollen die andern.)

 

Mein Teil, es soll verloren gehen.



Uploaded byP. T.
Source of the quotationhttp://www.ingeborg-bachmann-forum.de/ibkd.htm

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