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Bobrowski, Johannes: Kindheit

Portre of Bobrowski, Johannes

Kindheit (German)

Da hab ich
den Pirol geliebt –
das Glockenklingen, droben
aufscholls, niedersanks
durch das Laubgehäus,
 
wenn wir hockten am Waldrand,
auf einen Grashalm reihten
rote Beeren; mit seinem
Wägelchen zog der graue
Jude vorbei.
 
Mittags dann in der Erlen
Schwarzschatten standen die Tiere,
peitschten zornigen Schwanzschlags
die Fliegen davon.
 
Dann fiel die strömende, breite
Regenflut aus dem offenen
Himmel; nach allem Dunkel
schmeckten die Tropfen,
wie Erde.
 
Oder die Burschen kamen
den Uferpfad her mit den Pferden,
auf den glänzenden braunen
Rücken ritten sie lachend
über die Tiefe.
 
Hinter dem Zaun
wölkte Bienengetön.
Später, durchs Dornicht am Schilfsee,
fuhr die Silberrassel
der Angst.
Es verwuchs, eine Hecke,
Düsternis Fenster und Tür.
 
Da sang die Alte in ihrer
duftenden Kammer. Die Lampe
summte. Es traten die Männer
herein, sie riefen den Hunden
über die Schulter zu.
 
Nacht, lang verzweigt im Schweigen –
Zeit, entgleitender, bittrer
von Vers zu Vers während:
Kindheit –
da hab ich den Pirol geliebt –



Uploaded byP. T.
Source of the quotationhttps://uckerlandkirchenblog.wordpress.com

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