Brecht, Bertolt: Notwendigkeit der Propaganda (detail)
Notwendigkeit der Propaganda (detail) (German)1 Es ist möglich, daß in unserem Land nicht alles so geht, wie es gehen sollte. Aber niemand kann bezweifeln, daß die Propaganda gut ist. Selbst Hungernde müssen zugeben Daß der Minister für Ernährung gut redet. (...)
5 Ein guter Propagandist Macht aus einem Misthaufen einen Ausflugsort. Wenn kein Fett da ist, beweist er Daß eine schlanke Taille jeden Mann verschönt. Tausende, die ihn von den Autostraßen reden hören Freuen sich, als ob sie Autos hätten. Auf die Gräber der Verhungerten und Gefallenen Pflanzt er Lorbeerbüsche. Aber lange bevor es soweit war Sprach er vom Frieden, wenn die Kanonen vorbeirollten.
6 Nur durch vortreffliche Propaganda gelang es Millionen davon zu überzeugen Daß der Aufbau der Wehrmacht ein Werk des Friedens bedeutet Jeder neue Tank eine Friedenstaube ist Und jedes neue Regiment ein neuer Beweis Der Friedensliebe.
7 Allerdings: vermögen gute Reden auch viel So vermögen sie doch nicht alles. Manchen Hat man schon sagen hören: schade Daß das Wort Fleisch allein noch nicht sättigt, und schade Daß das Wort Anzug so wenig warm hält. Wenn der Planminister eine Lobrede auf das neue Edelgespinst hält Darf es nicht dabei regnen, sonst Stehen seine Zuhörer im Hemd da.
8 Und noch etwas macht ein wenig bedenklich Über den Zweck der Propaganda: je mehr es in unserem Land Propaganda Desto weniger gibt es sonst.
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